Standort & Vision
»Einmischung erwünscht«
Der Ulmer Volkshochschule ist ein außergewöhnlicher Bildungsauftrag in die Wiege gelegt worden. Gegründet am 24.4.1946 von Inge Scholl, der Schwester von Hans und Sophie Scholl, hat die Ulmer Volkshochschule von Anfang an die Bürger*innen dieser Stadt zum Engagement unter dem Motto »Einmischung erwünscht« aufgefordert. So früh wie keine andere Volkshochschule in der Bundesrepublik eröffnete die vh Ulm der Region und ihrer Bürgerschaft neue Zukunftsperspektiven in der persönlichen und politischen Bildung. Unterstützt von ihrem späteren Mann Otl Aicher und einem namhaften Kuratorium setzte Inge Scholl im Geiste ihrer ermordeten Geschwister das moralische und politische Erbe der Weißen Rose in die Tat um. Dadurch entstand in einer sich entwickelnden demokratischen Gesellschaftsstruktur der Auftrag, Bildung im Sinne einer »Schule der Demokratie« zu vermitteln. Bis heute ist die vh ein wichtiges geistiges Zentrum in Ulm und der Region geblieben.
Kommunal gestützt – und gleichzeitig unabhängiger Verein
Wie alle Volkshochschulen ist die vh kommunal verankert und wird von Kommunen, Kreis und Land subventioniert. Die vh wird in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins (e. V.) geführt, der auch die inhaltliche Unabhängigkeit der Einrichtung gewährleistet. Das Selbstverständnis der vh drückt sich auch in der besonderen Architektur des EinsteinHauses aus. Im Sinne des Namenspatrons ist die vh kritischer Rationalität und ganzheitlicher Bildung verpflichtet.
Die Ulmer Volkshochschule wirkt als einzige Volkshochschule in Deutschland länderübergreifend und übt damit an der Nahtstelle zwischen Bayern und Baden- Württemberg eine regional orientierte Bildungsfunktion aus. Seit vielen Jahren ist die vh in verschiedenen Projekten auch europaweit engagiert. Die Ergebnisse der Arbeit werden direkt in die Praxis überführt und zur Verbesserung des eigenen Angebots genutzt.
vh als Ermöglichungsort und Tor zur gesellschaftlichen Teilhabe
Die vh ist ein Ermöglichungsort in vielfacher Weise, denn sie ist der Ort, an dem sich Menschen täglich begegnen, diskutieren, Interessen artikulieren, gegebenenfalls Konflikte austragen oder Konsens finden. Die Dozent*innen, Teilnehmer*innen und Mitarbeiter*innen eröffnen aufgrund ihrer unterschiedlichen kulturellen und nationalen Herkünfte – aus über 100 Ländern – glaubwürdig neue Perspektiven des Zusammenlebens und Lernens. Entscheidend für die Arbeit der Ulmer Volkshochschule ist und bleibt es, die Interessen eines jeden Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und zum kritischen Hinterfragen anzuregen. Wir möchten alle motivieren, ihren eigenen Weg zu gehen und die erworbenen Fähigkeiten und Erkenntnisse im Sinne eines solidarischen Miteinanders einzusetzen.
Bildung für alle
Das demokratische Bildungsverständnis, das »Bildung für alle« beinhaltet, setzen wir konsequent um. Im Sinne der Inklusion begreifen wir kulturelle, aber auch körperliche, geschlechtsspezifische und soziale Vielfalt als Chance für die Zukunft. Als professioneller Partnerin für politische, persönlichkeitsorientierte und berufliche Weiterbildung unterstützt die vh die unterschiedlichen Bildungsinteressen unserer Teilnehmer*innen und deren lebenslanges Lernen.
Die Ulmer Volkshochschule strebt in ihrem Programm danach, Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen zu finden, parteipolitische und weltanschauliche Neutralität zu wahren und Chancengleichheit zu fördern.
Etwa 55 000 Menschen besuchen im Jahr rund 3 500 Kurse und Veranstaltungen der vh.
In ihren Akademien, Schulen und Einrichtungen realisiert die vh eigens für bestimmte Zielgruppen entwickelte Konzepte.
- Die Frauenakademie bzw. Männerakademie sind kontinuierliche Angebote für Frauen und Männer aller Altersgruppen. In ihren Kursen erweitern die Teilnehmer*innen ihre Sach-, Handlungs- und Kommunikationskompetenzen. Frauen und Männer mit vielen unterschiedlichen Biografien, Laufbahnen, Lebenswelten und Persönlichkeiten kommen in ihren jeweiligen Akademien zusammen, um in offener Atmosphäre zu lernen und miteinander zu diskutieren. Durch den Austausch untereinander öffnet sich der Blick über den Tellerrand hinaus und wir bieten einen Raum, in dem es um mehr als reine Wissensvermittlung geht.
- Das Yogazentrum Ulm (YZU) ist ein anerkanntes Yoga-Ausbildungsinstitut und wendet sich an alle, die eine Yogaausbildung anstreben und an Yogaunterrichtende und Yogaübende, die Fortbildungsseminare und Weiterbildungen auf höchstem Niveau besuchen möchten.
- Die Akademie für Bürgerschaftliches Engagement und Gemeinwesenarbeit, orientiert, berät und qualifiziert freiwillig und hauptberuflich Tätige. Sie ist ein Forum und Laboratorium für alle, die sich für die soziale Gestaltung ihrer Stadt engagieren (wollen).
- Der Bereich vh inklusiv eröffnet Erwachsenen mit und ohne Behinderung einen Raum für Begegnung und gemeinsames Lernen.
- Die kontiki – Kinder- und Jugendkunstschule fördert das kreative Potenzial von Kindern und Jugendlichen mit fachspezifischen und fächerübergreifenden Konzepten. Dazu gehören ästhetische Frühbildung, Projektarbeit, Schulkooperationen und das Orientierungsstudium Kunst & Design.
- Das Aicher-Scholl-Kolleg (ask Ulm) bietet jungen Menschen in einem Studienjahr ein Studium Generale für eine möglichst optimale Vorbereitung auf ein zukünftiges Studium bzw. eine Ausbildung.
- Die Dauerausstellung »wir wollten das andere – Jugendliche in Ulm 1933 bis 1945« der Ulmer DenkStätte Weiße Rose zielt durch Führungen und Workshops auf die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und dem Jugendwiderstand in Ulm ab. Hier wird auch die Notwendigkeit von Zivilcourage sowie von eigenständigem Denken und Handeln in heutiger Zeit thematisiert.
Nachhaltigkeit an der vh
Die Ulmer Volkshochschule begreift ihre Bildungsarbeit als Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) bzw. Globales Lernen. Globales Lernen befähigt die Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln und ermöglicht es jedem und jeder Einzelnen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen und verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen. Der ganzheitliche Anspruch von BNE bezieht sich allerdings nicht nur auf die Angebotsebene der Volkshochschule, sondern auch auf die Einrichtung als Ganzes. So kommt der Nachhaltigkeitsgedanke auf verschiedenen Ebenen zum Tragen: im Alltag, im Handeln der vh Ulm als Organisation, in der Kooperation mit Partner*innen auf lokaler, regionaler und globaler Ebene und insbesondere in ihrem Bildungsangebot.
Qualitätssicherung
Die Ulmer Volkshochschule ist zertifiziert nach den Regeln des Prozessmodells der Qualitätsentwicklung an den Volkshochschulen in Baden-Württemberg (analog EFQM) und nach AZAV. Diese Zertifizierungen garantieren kontrollierte, hochwertige Bildungsarbeit.
Qualitätsprinzipien sind
- das fächerübergreifende Zusammenarbeit aller Fachbereiche
- die Offenheit gegenüber neuer Lehr- und Lernmethoden angesichts der Digitalisierung
- die Orientierung an den Bedürfnissen der Teilnehmer*innen
- die pädagogische und fachliche Kompetenz der Dozent*innen sowie deren kontinuierliche Weiterbildung
- die vielfältigen Kooperationen mit Gruppen und Einrichtungen
- die kompetente Organisations- und Personalentwicklung als lernendes Unternehmen
Aufgaben für die Zukunft
Die Ulmer Volkshochschule wird auch in Zukunft ihren konstruktiven Beitrag in einer sich ständig verändernden Gesellschaft mit allen damit verbundenen Herausforderungen leisten.
Konkrete Handlungsfelder dabei sind
- die Befähigung zur gesellschaftlichen Teilhabe durch Vermittlung der dafür notwendigen sprachlichen, digitalen und sonstigen Kompetenzen. Dies gilt für alle Menschen unabhängig von ihrer wirtschaftlichen und sozialen Situation.
- die Weiterentwicklung neuer Lernwelten
- den Nachhaltigkeitsgedanken als festen Bestandteil unseres Bildungsauftrags in allen Handlungsbereichen der Ulmer Volkshochschule zu verankern und unsere Angebote zum Globalen Lernen für eine nachhaltige Entwicklung ständig zu erweitern.
- den Bildungsauftrag der »Schule der Demokratie« und das Motto »Einmischung erwünscht« auch künftig mit Leben zu füllen: das bedeutet für uns das entschiedene Eintreten für Menschenrechte, die freiheitlich demokratische Grundordnung und für ein offenes Europa – ohne Abgrenzung und mit globaler Verantwortung
Ulm 06/2023